Dieser Beitrag gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder.
So. Also jetzt das mal mit dem Online-Parteitag. Das was viele Piratenparteien in der Welt als völlig normal ansehen, funktioniert also auch in diesem Deutschland. Genauer gesagt in diesem „kleinen germanischen Dorf“ Potsdam. Leider gibt es keinen Zaubertrank, dann ginge es mit den Landespiraten alles viel schneller.
Wie vorhergesehen, es funktioniert. Man kippt Anträge in die Antragsfabrik und die werden einfach nach Diskussion in einer Online-Versammlung abgestimmt.
Nicht dass dies bei Piratens neu wäre, in ganz vielen Hunderten an Sitzungen wird und wurde das gemacht. Vorstandssitzungen, AG-Sitzungen, Schiedsgerichtssitzungen u.v.a.m..
Nur wenn es um eine Hauptversammlung geht, soll das nicht zutreffen. Dabei ist die Rechtsgültigkeit einer Online-Versammlung (Grundlage §32 BGB iVm. § 40 BGB) schon seit Jahrzehnten geklärt.
Gesellschafterversammlungen, Vorstandssitzungen, Vereinsgründungen alles wird heute gerne in einer Online-Versammlung erledigt, ohne dass dies gerügt wird.
Diese Form der Abstimmung für Politische Parteien wird auch seit 2011 vom wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages für rechtens gehalten.[1]
Die Piraten verwenden seit 2009 die Sprachkonferenzsoftware „Mumble“ [2] und haben sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Clientsoftware läuft auf jedem handelsüblichen Betriebssystem, wie Windows, IOS, Linux und Android. Man kann sogar mit einer modernen Armbanduhr (ausgerüstet mit etwas Technik) teilnehmen.
Wo liegen nun die angeblichen Hindernisse in der Piratenpartei, die von den Gegnern so leidenschaftlich und den Bedenkenträgern vorgetragen werden?
Hier gibt es zwei Faktoren, einerseits die Akkreditierung andererseits die „geheime“ Abstimmung.
I.
Die Akkreditierung ist auch online möglich, durch Verfahren wie E-Mail mit Two-Factor-Authenfication[3] sogar sicherer. Es ist lediglich sicherzustellen, dass das über den eingeloggten Client anwesende, stimmberechtigte Mitglied genau das Mitglied ist, wofür es sich ausgibt.
Dies ist – einmal eingerichtet – zumindest für die Versammlung so, im Gegensatz zu Präsenzparteitagen, wo gerne mal sogenannte Akkreditierungsbändchen weitergegeben werden. Natürlich ist auch online „Betrug“ möglich, da man das so eingeloggte Handy (Smartdevice) auch weitergeben kann – das fliegt natürlich auf, wenn man sich zu Wort meldet oder der Nachbar anruft.
Betrug kann man nie einhundertprozentig ausschließen, ebenso wenig wie Banküberfälle, die bekanntlich auch verboten sind. Das Entdeckungsrisiko ist allerdings hoch.
II.
Man muss mal mit dem Mythos aufräumen, es gäbe einhundertprozentig geheime Abstimmungen. Nicht mit Papier und nicht mit elektronischen Mitteln.
Ein gewisses Vertrauen in die Wahl- bzw. Abstimmungsleitung ist immer Voraussetzung. Das ist bei öffentlichen Abstimmungen und Wahlen so und das ist bei Präsenzparteitagen so.
Stimmzettel und Wahlurne bieten nur scheinbar Schutz. Stimmzettel können markiert werden; werden sie grundsätzlich immer mit den Akkreditierungsbändchen ausgegeben, ist dies eine realistische Möglichkeit, wenn auch eine aufwendige, eine Menge krimineller Energie vorausgesetzt.
Die Auszählung hat auch Schwachstellen: Es sind (angeblich) rein zufällig ausgewählte Wahlhelfer dabei. Also Menschen, die vielleicht keiner kennt oder bestenfalls mit der Hektik der Auszählung überfordert sind.
Selbst offene Abstimmungen, die dann durch Augenmaß gezählt werden, sind bei knappem Ergebnis nicht wirklich nachvollziehbar. Insbesondere bei 2/3-Hürden hatten wir hier schon äußerst knappe und sehr weitreichende Beschlüsse.
Elektronische Systeme haben immer den Geruch der Manipulationsmöglichkeit. Die Teilnehmer nutzen irgendwelche Technik, durch die Stimmabgaben zusammengeführt werden. Irgendwer hat das programmiert und überwacht den Ablauf. Natürlich sind hier Manipulationen möglich, eine Menge krimineller Energie vorausgesetzt.
Benötigen wir daher ein perfektes System? Eigentlich ja, aber es gibt schlichtweg keins.
Wir benötigen ein System, das einfach praktikabel ist, im Falle eines Falles eine Nachvollziehbarkeit ermöglicht und vertrauenswürdiges Personal.
Bei unserem Pilot-Online-Parteitag haben wir uns im Falle eines Antrages auf geheime Abstimmung für die „einfache“ E-Mail entschieden. Also die E-Mail-Adresse, die vom Mitglied bei der Akkreditierung verwendet wurde (Two-Factor-Authenfication) und von einem besonders zur Verschwiegenheit verpflichteten Abstimmungsleiter ausgewertet wird.
Zum Ablauf des Online-Parteitages
Hinsichtlich der Auszählung der offenen Abstimmungen hat der Mumble den schönen Vorteil, dass die in den Abstimmungsräumen befindlichen Stimmberechtigen (Ja/Nein/Enthaltung) automatisch gezählt werden. Dadurch ist die Auszählung in wenigen Sekunden erledigt.
Außerdem ist auch der Wunsch nach einer pseudonymisierter Teilnahme beim Online-Parteitag leicht umsetzbar. Das regelt die Akkreditierung und löst ein altes Problem mit diesem Herzenswunsch. Wie wir wissen, werden Präsenzparteitage gefilmt und da erkennt man das Mitglied und ggfls. sein Abstimmungsverhalten sehr genau.
Die Verwendung von Pseudonymen in der Piratenpartei ist sehr verbreitet und hat uns irgendwie nicht geschadet. Höchstens die zwangsweise Auflösung des Pseudonyms, weil irgendein Mensch bei der Aufstellung einer Kandidatenliste darauf bestanden hat. Ein höchst zweifelhaftes Unterfangen.
Bei unserem Pilot-Online-Parteitag des SV Potsdam[4] haben wir ferner Wahlen und Satzungsänderungsanträge (bereits in der Satzung für Online-Versammlungen) ausgeschlossen. Gute Satzungen müssen nicht ständig geändert werden, es sei denn man verfolgt „gewisse Zwecke“.
Und je nach Amtszeit sich alle 1-2 Jahre zu Wahlen persönlich zu treffen, ist sinnvoll und zumutbar. Und wenn, kann dann auch eine Satzung verbessert werden.
Fazit
Wovor haben Piraten eigentlich Angst, dass sie sich so gegen Online-Parteitage wehren? Als wir 2009 (vom Beschimpfungsforum und den unerträglichen Telkos) zum Mumble gewechselt und das Etherpad entdeckt haben, war das angeblich der Untergang des Abendlandes. Doch heute zieht nur noch ein Landesverband das persönliche Treffen vor und schließt in der Regel dadurch alle anderen aus.
Online-Parteitage eröffnen die Möglichkeit der Teilhabe für jedermann, der zumindest ein Smartphone bedienen kann oder jemanden kennt. Urlaub, Krankenhaus, Reisen sind kein Hindernis mehr, an einer Versammlung teilzunehmen und an der Entscheidung mitzuwirken. Das gilt weltweit, nur dieses Internet muss vor Ort funktionieren. Übrigens eine lösbare Aufgabe; auch in der technischen Wüste Brandenburg.
[1] https://flaschenpost.piratenpartei.de/files/2011/12/Online-Parteitag.pdf
[2] Mumble ist eine Sprachkonferenzsoftware. Um bei Mumble teilzunehmen, muss eine Software installiert werden und es sind Mikrofon und Lautsprecher am Computer notwendig.
Eine Beschreibung zur Installation und wo man die Software herunterladen kann, findet man hier.
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Zwei-Faktor-Authentifizierung
[4] https://wiki.piratenbrandenburg.de/Potsdam/Parteitage/GO_OPT2016
Dieser Beitrag gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder.
So. Also jetzt das mal mit dem Online-Parteitag. Das was viele Piratenparteien in der Welt als völlig normal ansehen, funktioniert also auch in diesem Deutschland. Genauer gesagt in diesem „kleinen germanischen Dorf“ Potsdam. Leider gibt es keinen Zaubertrank, dann ginge es mit den Landespiraten alles viel schneller.
Wie vorhergesehen, es funktioniert. Man kippt Anträge in die Antragsfabrik und die werden einfach nach Diskussion in einer Online-Versammlung abgestimmt.
Nicht dass dies bei Piratens neu wäre, in ganz vielen Hunderten an Sitzungen wird und wurde das gemacht. Vorstandssitzungen, AG-Sitzungen, Schiedsgerichtssitzungen u.v.a.m..
Nur wenn es um eine Hauptversammlung geht, soll das nicht zutreffen. Dabei ist die Rechtsgültigkeit einer Online-Versammlung (Grundlage §32 BGB iVm. § 40 BGB) schon seit Jahrzehnten geklärt.
Gesellschafterversammlungen, Vorstandssitzungen, Vereinsgründungen alles wird heute gerne in einer Online-Versammlung erledigt, ohne dass dies gerügt wird.
Diese Form der Abstimmung für Politische Parteien wird auch seit 2011 vom wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages für rechtens gehalten.[1]
Die Piraten verwenden seit 2009 die Sprachkonferenzsoftware „Mumble“ [2] und haben sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Clientsoftware läuft auf jedem handelsüblichen Betriebssystem, wie Windows, IOS, Linux und Android. Man kann sogar mit einer modernen Armbanduhr (ausgerüstet mit etwas Technik) teilnehmen.
Wo liegen nun die angeblichen Hindernisse in der Piratenpartei, die von den Gegnern so leidenschaftlich und den Bedenkenträgern vorgetragen werden?
Hier gibt es zwei Faktoren, einerseits die Akkreditierung andererseits die „geheime“ Abstimmung.
I.
Die Akkreditierung ist auch online möglich, durch Verfahren wie E-Mail mit Two-Factor-Authenfication[3] sogar sicherer. Es ist lediglich sicherzustellen, dass das über den eingeloggten Client anwesende, stimmberechtigte Mitglied genau das Mitglied ist, wofür es sich ausgibt.
Dies ist – einmal eingerichtet – zumindest für die Versammlung so, im Gegensatz zu Präsenzparteitagen, wo gerne mal sogenannte Akkreditierungsbändchen weitergegeben werden. Natürlich ist auch online „Betrug“ möglich, da man das so eingeloggte Handy (Smartdevice) auch weitergeben kann – das fliegt natürlich auf, wenn man sich zu Wort meldet oder der Nachbar anruft.
Betrug kann man nie einhundertprozentig ausschließen, ebenso wenig wie Banküberfälle, die bekanntlich auch verboten sind. Das Entdeckungsrisiko ist allerdings hoch.
II.
Man muss mal mit dem Mythos aufräumen, es gäbe einhundertprozentig geheime Abstimmungen. Nicht mit Papier und nicht mit elektronischen Mitteln.
Ein gewisses Vertrauen in die Wahl- bzw. Abstimmungsleitung ist immer Voraussetzung. Das ist bei öffentlichen Abstimmungen und Wahlen so und das ist bei Präsenzparteitagen so.
Stimmzettel und Wahlurne bieten nur scheinbar Schutz. Stimmzettel können markiert werden; werden sie grundsätzlich immer mit den Akkreditierungsbändchen ausgegeben, ist dies eine realistische Möglichkeit, wenn auch eine aufwendige, eine Menge krimineller Energie vorausgesetzt.
Die Auszählung hat auch Schwachstellen: Es sind (angeblich) rein zufällig ausgewählte Wahlhelfer dabei. Also Menschen, die vielleicht keiner kennt oder bestenfalls mit der Hektik der Auszählung überfordert sind.
Selbst offene Abstimmungen, die dann durch Augenmaß gezählt werden, sind bei knappem Ergebnis nicht wirklich nachvollziehbar. Insbesondere bei 2/3-Hürden hatten wir hier schon äußerst knappe und sehr weitreichende Beschlüsse.
Elektronische Systeme haben immer den Geruch der Manipulationsmöglichkeit. Die Teilnehmer nutzen irgendwelche Technik, durch die Stimmabgaben zusammengeführt werden. Irgendwer hat das programmiert und überwacht den Ablauf. Natürlich sind hier Manipulationen möglich, eine Menge krimineller Energie vorausgesetzt.
Benötigen wir daher ein perfektes System? Eigentlich ja, aber es gibt schlichtweg keins.
Wir benötigen ein System, das einfach praktikabel ist, im Falle eines Falles eine Nachvollziehbarkeit ermöglicht und vertrauenswürdiges Personal.
Bei unserem Pilot-Online-Parteitag haben wir uns im Falle eines Antrages auf geheime Abstimmung für die „einfache“ E-Mail entschieden. Also die E-Mail-Adresse, die vom Mitglied bei der Akkreditierung verwendet wurde (Two-Factor-Authenfication) und von einem besonders zur Verschwiegenheit verpflichteten Abstimmungsleiter ausgewertet wird.
Zum Ablauf des Online-Parteitages
Hinsichtlich der Auszählung der offenen Abstimmungen hat der Mumble den schönen Vorteil, dass die in den Abstimmungsräumen befindlichen Stimmberechtigen (Ja/Nein/Enthaltung) automatisch gezählt werden. Dadurch ist die Auszählung in wenigen Sekunden erledigt.
Außerdem ist auch der Wunsch nach einer pseudonymisierter Teilnahme beim Online-Parteitag leicht umsetzbar. Das regelt die Akkreditierung und löst ein altes Problem mit diesem Herzenswunsch. Wie wir wissen, werden Präsenzparteitage gefilmt und da erkennt man das Mitglied und ggfls. sein Abstimmungsverhalten sehr genau.
Die Verwendung von Pseudonymen in der Piratenpartei ist sehr verbreitet und hat uns irgendwie nicht geschadet. Höchstens die zwangsweise Auflösung des Pseudonyms, weil irgendein Mensch bei der Aufstellung einer Kandidatenliste darauf bestanden hat. Ein höchst zweifelhaftes Unterfangen.
Bei unserem Pilot-Online-Parteitag des SV Potsdam[4] haben wir ferner Wahlen und Satzungsänderungsanträge (bereits in der Satzung für Online-Versammlungen) ausgeschlossen. Gute Satzungen müssen nicht ständig geändert werden, es sei denn man verfolgt „gewisse Zwecke“.
Und je nach Amtszeit sich alle 1-2 Jahre zu Wahlen persönlich zu treffen, ist sinnvoll und zumutbar. Und wenn, kann dann auch eine Satzung verbessert werden.
Fazit
Wovor haben Piraten eigentlich Angst, dass sie sich so gegen Online-Parteitage wehren? Als wir 2009 (vom Beschimpfungsforum und den unerträglichen Telkos) zum Mumble gewechselt und das Etherpad entdeckt haben, war das angeblich der Untergang des Abendlandes. Doch heute zieht nur noch ein Landesverband das persönliche Treffen vor und schließt in der Regel dadurch alle anderen aus.
Online-Parteitage eröffnen die Möglichkeit der Teilhabe für jedermann, der zumindest ein Smartphone bedienen kann oder jemanden kennt. Urlaub, Krankenhaus, Reisen sind kein Hindernis mehr, an einer Versammlung teilzunehmen und an der Entscheidung mitzuwirken. Das gilt weltweit, nur dieses Internet muss vor Ort funktionieren. Übrigens eine lösbare Aufgabe; auch in der technischen Wüste Brandenburg.
[1] https://flaschenpost.piratenpartei.de/files/2011/12/Online-Parteitag.pdf
[2] Mumble ist eine Sprachkonferenzsoftware. Um bei Mumble teilzunehmen, muss eine Software installiert werden und es sind Mikrofon und Lautsprecher am Computer notwendig.
Eine Beschreibung zur Installation und wo man die Software herunterladen kann, findet man hier.
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Zwei-Faktor-Authentifizierung
[4] https://wiki.piratenbrandenburg.de/Potsdam/Parteitage/GO_OPT2016